09.09.2024 | DIE KINOTHEK ASTA NIELSEN
Carte Blanche | DIE KINOTHEK ASTA NIELSEN
KURZFILMROLLE & GESPRÄCH
Benannt nach der dänischen Schauspielerin und vermutlich ersten globalen Stummfilmikone Asta Nielsen (1881–1972), gründete sich die Kinothek Asta Nielsen als feministische Filminitiative 1999 in Frankfurt am Main. Als Verein von Filmliebhaber:innen nimmt sich die Kinothek seitdem der Wiederentdeckung, Archivierung und Präsentation der Filmarbeit von Frauen und LGBTQI-Menschen an. Das Bemühen, diese und deren Arbeiten durch zahlreiche Filmreihen, Einzelveranstaltungen und Publikationen erneut sichtbar zu machen, ist dabei nicht aus einem nostalgischen Impuls heraus begründet, als vielmehr mit dem Ziel verbunden, Zusammenhänge und Ursachen zu beschreiben, die zu deren Verdrängung beziehungsweise unterbrochenen Rezeptionsgeschichte geführt haben. Das Filmfestival Remake. Frankfurter Frauen Film Tage, das seit 2018 jährlich ausgerichtet wird, zählt zu den jüngeren Aktivitäten der Kinothek und stellt einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung moderner Modelle zur Kino- und Archivarbeit sowie der zeitgemäßen Vermittlung von Filmgeschichte dar.
Im Zuge einer Kooperation haben wir die Betreiber:innen eingeladen, eine Kurzfilmrolle mit Arbeiten aus ihrem Archiv zusammenzustellen und über diese ins Gespräch zukommen. Neben den präsentierten Filmen selbst soll es unter anderem um das Erschließen von Kinoräumen sowie das Entdecken und Öffentlichmachen von Vergessenem gehen.
Die analoge Auswahl beinhaltet etwa Ula Stöckls Debütfilm ANTIGONE (1964), in dem sie die zentralen Konflikte des Tragödienstoffes auf die reinen Handlungsmomente reduziert sowie Matthias Müllers Found Footage-Streifen HOME STORIES (1990), eine Collage aus US-Melodramen und Kriminalfilmen der 1950er und 1960er Jahre. Erzählroutinen und wiederkehrende Klischees erlauben es Müller, Szenen aus verschiedenen Filmen mit unterschiedlichen Protagonistinnen nahtlos ineinander übergehen zu lassen: Stars wie Tippi Hedren, Kim Nowak und Grace Kelly telefonieren, schlafen unruhig, lauschen an der Tür, sind entsetzt. Ihre Bewegungen und Gesten wirken in der Montage geradezu choreografiert. Gleichzeitig zeigt Müllers Bearbeitung, wie Frauen zum voyeuristischen Opfer eines filmischen (= männlichen) Blicks werden. In Cathy Joritz’ zweiminütiger, humorvoller Rachefantasie von 1985 geht Joritz den Titel gebenden „Negative Man“ über den Umweg des Filmmaterials an: Ihren visuellen Kommentar hat die Regisseurin direkt in die Filmschicht gekratzt.
HOME STORIES
DE 1990, R: Matthias Müller, ohne Dialog, 6‘, 16mm
TAKE COURAGE
DE 1987, R: Maija Lene Rettig, ohne Dialog, 9’, 16mm
MAMMA HERMMERS GEHT MIT IHREM PASTOR ZUM LETZTEN MAL ÜBER’N HEINRICHPLATZ: KREUZBERG ADIÖ
DE 1981, R: S.M. Rosi, deutsche OV, 9’, 16mm
FAMILIENGRUFT – EIN LIEBESGEDICHT AN MEINE MUTTER
DE 1981, R: Maria Lang, deutsche OV, 10’, 16mm
ANTIGONE
DE 1964, R: Ula Stöckl, deutsche OV, 9’, 16mm
KUGELKOPF
AT 1985, R: Mara Mattuschka, ohne Dialog, 6’, 16mm
ES HAT MICH SEHR GEFREUT
AT 1987, R: Mara Mattuschka, deutsche OV, 2’, 16mm
JOHNNY ODER DAS ROHE FLEISCH
DE 1984, R: Eva Heldman, deutsche OV, 4’, 16mm
KOOL KILLER
DE 1981, R: Pola Reuth, ohne Dialog, 5’, 16mm
NEGATIVE MAN
DE 1985, R: Cathy Joritz, engl. OV, 2’, 16mm
Mo 9. Sept | Schaubühne Lindenfels |
21:00 Uhr | In Anwesenheit von Lou Deinhart (Kinothek Asta Nielsen) € 7 (6 ermäßigt) |