12.09.2025 | YOU ARE FIRE: Elvin Brandhi & Daniel Bird vertonen DIE FARBE DES GRANATAPFELS (OUTTAKES) (UdSSR 1969, Sergei Paradschanow)
VERTONUNG












UdSSR 1969, R: Sergei Paradschanow, D: Wilen Galustjan, Sofiko Tschiaureli, Spartak Bagaschwili, ohne Dialog/stumm projiziert, DCP
Ausgangspunkt der Filmvertonung bildet neu gescanntes 35mm-Material: Outtakes, Variationen sowie Screen- Tests aus den Dreharbeiten zu Sergei Paradschanows DIE FARBE DES GRANATAPFELS (1969), auch als SAYAT NOVA bekannt. Das Spektakuläre am Bildmaterial: Anders als von Sowjetfunktionären damals vorgegeben, wurden die Outtakes nicht vernichtet. Mehr als 45 Jahre nach Veröffentlichung des Films organisierte der Filmhistoriker Daniel Bird das Scannen des unbekannten Materials, insgesamt handelt es sich um über sechs Stunden.
Ursprünglich als Filmgedicht über den Dichter und Barden, auch Ashugh genannt, Arutin Sayadyan (1712 –1795) konzipiert erzählt der Film dessen Leben. Angefangen bei seiner Kindheit über die Zeit im Kloster und seiner ersten Liebe bis hin zu seinem Tod konzentriert sich der Film auf einschneidende Situationen im Leben Sayat Novas. Die gezeigten insgesamt fünfzehn Filmminiaturen basieren auf biografischem Material des Dichters sowie auf der poetischen Fantasie Paradschanows.
Jede Miniatur besteht aus Texturen—armenischer, georgischer und aserbaidschanischer Architekturen, Landschaften und Objekte—, durch die die Authentizität des 18. Jahrhunderts zum Vorschein kommt.
Brandhi und Bird arbeiten sowohl mit den Outtakes als auch mit Audioausschnitten und unterziehen diese Materialien einem Decollage- und Collage-Prozess. Das Ergebnis ist eine Live-Performance, in dem das Unterbewusstsein in den Vordergrund rückt, zusammen mit allem, was unterdrückt oder verleugnet wurde – nicht nur von der sowjetischen Zensur, sondern auch von Paradschaow selbst.
Unter Verwendung der Original-Filmmusik von Tigran Mansurjan und Yuri Sayadian wird Elvin Brandhi das musikalische Erbe von SAYAT NOVA in den Vordergrund rücken und die Darbietung eines Ashugh, also eines Sänger-Dichter-Barden, an der Schnittstelle zwischen analogen und digitalen Medien zu Beginn des 21. Jahrhunderts neu interpretieren. Hinter dem Pseudonym Elvin Brandhi verbirgt sich die Klangkünstlerin, Sängerin und Produzentin Freya Edmondes. Ihre Sound-Kompositionen speist sie aus Field-Recordings, vorgefundenen Tape- und Vinylaufnahmen, aus selbst aufgenommenem Instrumentellem, Glitches und ihrer geloopten und manipulierten Stimme, die in der Lage ist, ein komplettes Orchester aus affektiven Geräuschen hervorzubringen. Das Ergebnis ist abwegig-experimentell, fragmentiert, wobei Elvin Brandhis Stimme das eigentliche Herzstück der Tracks bildet, die mal vor harscher Aggressivität strotzen, gelegentlich auch in zartere und harmonischere Gefilde abdriften. Sie ist außerdem eine Hälfte des Vater-Tochter-Duos Yeah You, das sich Noise-Improvisationen verschrieben hat, und hat Solo- und Gemeinschaftsprojekte auf Labels wie Hakuna Kulala, ALTER, Slip und Opal veröffentlicht.
Mit einer Einführung von Filmhistoriker Daniel Bird. Nach seinem Masterabschluss in Philosophie arbeitete er mit dem polnischen Filmregisseur Andrzej Żuławski zusammen, war Mitbegründer der Organisation Friends of Walerian Borowczyk und leitete das Hamo Bek-Nazarov- Projekt, das sich mit Filmen aus der Ukraine, dem Südkaukasus und Zentralasien befasst.
Fr 12 Sept 2025 | UT Connewitz |
20:00 Uhr | € 20 (15 ermäßigt) Mit Einführung von Daniel Bird |