(HERAUS) AUS DEM ARCHIV | FEMINISTISCHE GEGENGESCHICHTEN
ARCHIVE | FEMINISTISCHE GEGENGESCHICHTEN









In unserem diesjährigen Schwerpunkt widmen wir uns engagierten Archivpraktiken, die eine Alternativ- bzw. GEGENgeschichte zu herkömmlichen Filmgeschichtserzählungen präsentieren und dabei in besonderer Weise weibliche und queere Perspektiven fokussieren. Damit nehmen wir zwei Fäden vergangener GEGENkino-Ausgaben wieder auf: unser Interesse an feministisch-aktivistischer Filmkultur wie -geschichte sowie an unangepassten Formaten des Sammelns, Vermittelns und Erstreitens von Bereichen der Filmgeschichte, die gemeinhin durchs Raster fallen. Dabei suchen wir erneut die Kooperation mit Institutionen und Akteur:innen, die ähnliche filmische Vorlieben wie wir haben. Mit unserer Auswahl wollen wir den Beweis führen, dass kritisches filmkuratorisches Arbeiten immer auch die Arbeit an GEGENgeschichten bedeutet. (HERAUS) AUS DEM ARCHIV: FEMINISTISCHE GEGENGESCHICHTEN konzentriert sich in drei Veranstaltungen auf die deutsch-deutsche (GEGEN-)Filmgeschichte sowie ihre Archivierung und Vermittlung. Sowohl die Weimarer Republik der frühen 1930er Jahre als auch die DDR und BRD der 1970er und 80er Jahre kommen in den Blick. Die im Zentrum stehenden Filme – Spiel-, Dokumentar- wie Experimentalfilmformen – gewähren Einblicke in das Leben von Frauen jenseits herrschender Klischees und Körperbilder.
Den Anfang macht die Vorstellung des Archivs für den bundesdeutschen Experimentalfilm von Frauen, welches Annette Brauerhoch, emeritierte Filmwissenschaftlerin und Mitherausgeberin der feministischen Filmzeitschrift Frauen und Film, aufgebaut hat und in dem sich 50 analoge Filme von deutschsprachigen Regisseurinnen zumeist der 1980er Jahre befinden. Die von Brauerhoch kuratierte und eingeführte Kurzfilmrolle AUFRUHR DER KÖRPER zeigt, auf welch vielfältige Weise sich dieses experimentelle Schmalfilmkino mit Blicken und Körpern – und damit mit Räumen und Macht – auseinandersetzt. Ergänzt wird das Programm durch FREMD GEHEN. GESPRÄCHE MIT MEINER FREUNDIN, in dem Brauerhoch als Protagonistin auftritt und offen über ihre Lust an fremden Körpern berichtet.
Am 20. September schauen wir uns ein staatliches Filmarchiv an – und lassen es von Expertinnen einordnen: Mit der Staatlichen Filmdokumentation der DDR (1971-86) stellt der freie Kurator und Publizist Tobias Hering einen ganz besonderen Produktions- und Archivkontext vor. Sind dort doch ca. 300 Filme in Auftrag gegeben und eingelagert worden, die den DDR-Alltag ungeschönt dokumentarisch einfingen – und von Staatsseite her nie für die öffentliche Auswertung vorgesehen waren. Gemeinsam mit der Historikerin und Herausgeberin Anne Barnert und der Filmhistorikerin und Kuratorin Borjana Gaković, Expertin für Geschichtsrepräsentation und Feminismen in der Filmgeschichte, hat Hering mit IM RICHTIGEN LEBEN – FRAUEN IN FILMDOKUMENTEN DER STAATLICHEN FILMDOKUMENTATION DER DDR eine Filmauswahl getroffen, die Frauen und ein breites Spektrum ihrer Lebenswege ins Zentrum stellen und dafür geeignet sind, das herkömmliche Bild vom Status der Frauen in der DDR zu reflektieren und zu hinterfragen.
Unser drittes Programm hat einen echten Lokalbezug: Die gebürtige Leipzigerin Hertha Thiele (1908-1984) spielte im frühen Klassiker des queeren Kinos MÄDCHEN IN UNIFORM (DE 1931, R: Leontine Sagan) die Hauptrolle. Vor allem sie als eine bislang wenig beleuchtete Protagonistin deutscher Filmgeschichte soll bei der Veranstaltung im Zentrum stehen. Die Filmwissenschaftlerinnen und Mitbegründerinnen der Kinothek Asta Nielsen (Frankfurt/Main), Karola Gramann und Heide Schlüpmann, haben sich intensiv mit ihrer komplexen Biografie befasst. So wird es bei HERTHA THIELE – LIEBE ALS OPPOSITION, OPPOSITION ALS LIEBE auch darum gehen, welche Probleme sich für eine feministische Filmgeschichtsschreibung stellen und gegen welche Widerstände sie sich zu behaupten hat.
Fr 19.09 2025 | Luru Kino in der Spinnerei |
18:00 Uhr | Kurzfilmrolle AUFRUHR DER KÖRPER von Annette Brauerhoch DIE URSZENE DE 1981, R: Noll Brinkmann, 7’, 16mm VIVA AVIS DE 1985, R: Lilo Mangelsdorff, 6’, 16mm BETWEEN DE 1989, R: Claudia Schillinger, 9’, 16mm DUSCHEN, SAN FRANCISCO DE 1994, R: Anja Czioska, 3’, 16mm DACH, SAN FRANCISCO DE 1994, R: Anja Czioska, 3’, 16mm LES MISERABLES AT 1987, R: Mara Mattuschka, 2’, 16mm CEROLAX II AU 1985, R: Mara Mattuschka, 3’, 16mm WENN DER HAARWUCHS LÄSTIG WIRD DE 1987, R: Anja Telscher, 7’, 16mm COMPARTMENT DE 1990, R: Eva Heldmann, 5’, 16mm THE COLOR OF LOVE US 1994, R: Peggy Ahwesh, 10’, 16mm ONE PUSSY SHOW DE 1996, R: Anja Czioska, 6’, 16mm |
22:00 Uhr | FREMD GEHEN. GESPRÄCHE MIT MEINER FREUNDIN DE 1999, R: Eva Heldmann, D: Annette Brauerhoch, 64’, OmeU, 35mm |
Sa 20.09 2025 | UT Connewitz |
20 Uhr | Im richtigen Leben – Frauen in Filmdokumenten der Staatlichen Filmdokumentation der DDR PROF. DR. HILDE BENJAMIN, GEB. AM 5.2.1902 IN BERNBURG Staatliche Filmdokumentation, Redaktion: Gerd Barz, DDR 1972-74 HELMUT KRAATZ, PROF. DR. SC. MED., GEB. 6.8.1902 IN WITTENBERG Staatliche Filmdokumentation, Redaktion: Dieter Harms, DDR 1972 DOKUMENTE ZUR LEBENSWEISE. WOHNUNGSPROBLEME 1982/83 – DOKUMENT I Staatliche Filmdokumentation, Redaktion: Gerd Barz, DDR 1982-83 KLINIKUM BUCH – GESPRÄCHE IN EINER STRAHLENTHERAPEUTISCHEN KLINIK Staatliche Filmdokumentation, Redaktion: Hans Wintgen, DDR 1984-85 In Anwesenheit von Anne Barnert, Borjana Gaković und Tobias Hering |
So 21.09 2025 | UT Connewitz |
14 Uhr | Hertha Thiele – Liebe als Opposition, Opposition als Liebe MÄDCHEN IN UNIFORM DE 1931, R: Leontine Sagan, D: Emilia Unda, Dorothea Wieck, Hertha Thiele, 96’, dt. OV, DCP Gespräch mit Heide Schlüpmann & Karola Gramann |