Wie etwas entsteht – Sabine Herpichs Filme zu künstlerischer Arbeit

Personalie | SABINE HERPICH

Wie etwas entsteht – Sabine Herpichs Filme zu künstlerischer Arbeit

Unsere diesjährige Personalie ist der deutschen Dokumentaristin und Cutterin Sabine Herpich (*1973) gewidmet. Ihre kurz- und mittellangen sowie abendfüllenden Filme waren zu Gast auf bekannten Festivals mit dokumentarischem Fokus wie dem Berlinale Forum, dem DOK Leipzig und der Duisburger Filmwoche, über sie wurde bereits auf Mubi Notebook geschrieben – und doch laufen ihre fast ausnahmslos aus eigenen Mitteln produzierten Arbeiten bislang für ein breiteres Kinopublikum unter dem Radar. Dabei sind Herpichs Filme, die in ihren Worten „nebenbei, ohne Zeit- und Erfolgsdruck und fast immer ohne Geld“ entstanden, allesamt bestechend gradlinig in Szene gesetzt, zugewandt und seit ihrem DAVID von einem Thema bestimmt, das viele von uns im Alltag begleitet: Vom Bedürfnis, etwas zu gestalten, das mit einem oder einer selbst zu tun hat, von Kreativität und ihren (steinigen) Wegen. 

Herpichs sanfte, einzelne Individuen begleitende und dabei zurückhaltend-beobachtende Studien lassen sich als ein Zyklus, als Werkgruppe begreifen, die sich künstlerischer Arbeit sowie künstlerisch tätigen Menschen widmet. Die Filme tun dies ohne erläuterndes Voice-over und mit nur spärlich gesäten, von spontaner Neugier geleiteten Fragen, die Herpich hinter ihrer selbst geführten Kamera stellt. Ihren Filmen fehlt schlicht eine für Fernsehreportagen typische Erzählstimme, die uns etwas „erklärt“. Demgegenüber geht es darum, gemeinsam etwas zu entdecken, einen Vorgang zunächst sinnlich zu erfassen – sei es nun die Herstellung und Beschaffenheit von abstrakten Skulpturen eines Schusters (DAVID), der Prozess des wochenlangen Auftragens von Farbe bei einem Bild in Schichtmalweise (AN IMAGE OF ALEKSANDER GUDALO), die Blei- und Buntstiftstriche, die sich irgendwann zu einem Werk voller Details und überschäumender Fantasie zusammensetzen (ART COMES FROM THE BEAK THE WAY IT HAS GROWN) oder das langwierige Tüfteln, das die Arbeit Während konventionelle Reportagen die Zeit, die solche Werkentstehungen benötigt, zusammenstutzen, können wir uns bei Herpichs Dokumentarfilmen in Ruhe und ohne auktoriale Anleitung in solche Prozesse einsehen und einhören. So überträgt sich etwa die sanfte Ruhe, die in der Kunstwerkstatt Mosaik herrscht, unmittelbar aufs Publikum. ART COMES FROM THE BEAK THE WAY IT HAS GROWN porträtiert an diesem Ort Künstler:innen mit geistiger Behinderung, die unter Hilfestellung von Werkstattsmitarbeiter:innen ihre Fantasie aufs Papier bringen. Der Film kondensiert dabei nicht weniger als Herpichs Sicht auf Kunst und ihre Entstehung: Es geht ihr mit ihren Filmen nicht um ein Verstehen im herkömmlichen Sinne, sondern darum, etwas davon, was Außenstehende nie ganz (be-)greifen können, Kreativität nämlich – wann sie fließt und wann sie auch mal ins Stocken gerät – aufzuschnappen und zu konservieren. 

Ergänzt wird die Werkschau um die Deutschlandpremiere ihrer neuesten Miniatur TASTENDER BLICK, bei der eine blinde Kulturvermittlerin bei ihrer Arbeit begleitet wird. Darüber hinaus bringen wir den Zyklus mit einem historischen Dokumentar- und Essayfilm in Dialog, der für die Filmemacherin mit Blick auf ihre Filme zu schöpferischen Schaffensprozessen wichtig ist – und zugleich von einem „Säulenheiligen“ des GEGEN-kinos gedreht wurde: mit Harun Farockis (1944–2014) Werk- und Künstlerinnenporträt AN IMAGE OF SARAH SCHUMANN. Neben Sabine Herpich, die an beiden Tagen anwesend ist, haben wir die Kunst- und Filmwissenschaftlerin Friederike Horstmann zu Gast. Horstmann lehrt, forscht und schreibt zu Kunst und Kino. Seit 2020 unterrichtet sie Filmgeschichte an der Deutschen Film- und Fernsehakademie und hat seit 2024 eine Gastdozentur am filmwissenschaftlichen Seminar der FU Berlin. Am Eröffnungsabend gibt sie eine Lecture zu Herpichs besonderem (Film-)Blick auf Kunst und künstlerische Arbeitsprozesse. 

Sa 13.09.25
Luru Kino


18:00 Uhr
DAVID
DE 2016, R: Sabine Herpich, 81’, dt. OV, DCP
Vortrag von Friederike Horstmann
In Anwesenheit von Sabine Herpich

20:00 Uhr
BARBARA MORGENSTERN UND DIE LIEBE ZUR SACHE
DE 2024, R: Sabine Herpich, 109’, OmeU, DCP
In Anwesenheit von Sabine Herpich
So 14.09.25
Luru Kino
19:00 UhrULRIKE DAM SCHREIBT
DE 2020, R: Sabine Herpich, 13’, dt. OV, DCP
EIN BILD VON ALEKSANDER GUDALO
DE 2018, R: Sabine Herpich, 45’, dt. OV,DCP
EIN BILD VON SARAH SCHUMANN
DE 1978, R: Harun Farocki, 30’, OmeU,DCP
In Anwesenheit von Sabine Herpich
21:00 UhrKUNST KOMMT AUS DEM SCHNABEL WIE ER GEWACHSEN IST
DE 2020, R: Sabine Herpich, 106’, OmeU, DCP
TASTENDER BLICK
AT/DE 2024, R: Sabine Herpich, Gregor Stadlober, 39’, dt. OV, DCP mit Audiodeskription, Deutsche Premiere
In Anwesenheit von Sabine Herpich