Oh, the end is drawing near! Today is the last day of this year’s GEGENkino festival and we hope you had some inspiring, insightful and/or intense moments. Thank you all!We’ll close off the festival with two feature films and one short film as part of our programme section “HOW TO RESIST…”: At 6pm at Schaubühne Lindenfels, we’ll screen Sanal Kumar Sasidharan hitchhike/road trip/odyssey film SEXY DURGA, in which “Sasidharan reflects Indian independent cinema’s emerging feminist moment” as some commentators have it. There’ll be an opening film to SEXY DURGA that is JODILERKS DELA CRUZ / EMPLOYEE OF THE MONTH by Carlo Francisco Manatad, one of the most interesting young directors from the Philippines, whose film scene seems to really flourish right now. At 8pm then, finishing off our festival, there’ll be a screening of the Portuguese proletarian strike film THE NOTHING FACTORY by Pedro Pinho – another film that, in portraying a group of factory workers’ struggle for the protection of their job and existence, blends fiction film and documentary in very unique way. (Shot on one of our favourite materials: 16mm!) We hope to see you all again today!
So 15. April 2018 Schaubühne Lindenfels | HOW TO RESIST… |
18 Uhr | SEXY DURGA (IN 2017 R: Sanal Kumar Sasidharan 85’ OV englischen Untertitelt) + Vorfilm: JODILERKS DELA CRUZ / EMPLOYEE OF THE MONTH (PHL/SGP 2017 R: Carlo Francisco Manatad 13’1 |
20 Uhr | THE NOTHING FACTORY (PT 2017, R: Pedro Pinho 177’ OV englisch Untertitelt) |
SEXY DURGA
IN 2017, R: Sanal Kumar Sasidharan, D: Rajshree Deshpandey, Kannan Nair, Vishnu Vedh, OmeU, 85’, DCP
Zu Beginn weiße Schrift auf schwarzem Grund: eine Episode aus dem Epos Ramayana erzählt die Verstümmelung der Shurpanakha durch Ramas Halbbruder Lakshmana. Das Schwarz blendet ab und entlässt ins Fest Garudan Thookam im südindischen Kerala, in dem der Blutdurst Kalis, einer Verkörperung der Gottheit Durga, rituell gestillt werden soll. Körper fallen in Ekstase, Haken fahren in menschliche Haut, Maskulinität wird performt, Handys filmen. Dann Wechsel: eine Straße bei Nacht. Das junge Paar Durga und Kabeer will weg. Sie Hinduistin aus dem Norden, er Muslim aus dem Süden. Ein Kleinbus hält, sie steigen ein. SEXY DURGA macht erfahrbar, aus welcher Haltung und Atmosphäre heraus sexuelle Gewalt im öffentlichen Raum entstehen kann. Die Attributierung im Filmtitel ist zudem ein Affront für religiöse Hardliner. Durga, die keinem männlichen Gott zugeordnet ist, wird im Hinduismus tief verehrt. Die erotisierte Assoziation ist provokant und eine Figur dieses Namens, die auf beklemmende Weise die Mechanismen patriarchaler Unterdrückung offenlegt, war bis vor kurzem noch Anlass eines Verbots des Films. Sanal Kumar Sasidharan dekonstruiert Mythen und soziale Dynamiken und arbeitet dabei gekonnt mit Erwartungshaltungen und Ängsten. Die Kamera ist durchweg entfesselt und frei, seine zwei ProtagonistInnen versuchen es ihr gleich zu tun.
Vorfilm
JODILERKS DE LA CRUZ (EMPLOYEE OF THE MONTH)
PHL/SGP 2017, R: Carlo Francisco Manatad, D: Angeli Bayani, Ross Pesigan, OmeU, 13’ DCP
JODILERKS DELA CRUZ schildert einen Abend an einer Tankstelle. Der letzte einer Angestellten, die früher einmal motiviert war. Jetzt ist da nur noch der unendlich lärmende Verkehr, aus dem kaum jemand mehr anhält. Mit ihren willkürlichen Handlungen spiegelt die Protagonistin die Gesellschaft um sie herum wider. Ein amüsanter, boshafter Seitenhieb von einem Film.
THE NOTHING FACTORY
PT 2017, R: Pedro Pinho, D: José Smith Vargas, Carlo Galvão, Njamy Sebastião, 177’, OmeU, DCP
Während eines nächtlichen Einbruchs werden Maschinenteile aus einer Fahrstuhlfabrik entwendet. Sofort folgt die Bewusstwerdung der ArbeiterInnen, dass die Verwaltung die Sabotage plante, um mit jämmerlichen Abfindungszahlungen elegant im Finanzkrisensumpf zu verschwinden. Da ein Streik, zumal keine Arbeit vorhanden ist, wirkungsfrei bliebe, kehren die ArbeiterInnen ihren Protest in eine Besetzung um, in den Kampf um das Recht auf Arbeit. An dieser Stelle beginnt die Tätigkeit der NOTHING FACTORY. Stilllebengleich inszeniert Pinho auf körnigem 16mm-Material die öden Räume, in denen ausgeharrt, Fußball und Schach gespielt sowie über Empowerment und Garantien innerhalb kapitalistischer Arbeitsverhältnisse diskutiert wird. Nach und nach dünnt die Gruppe aus, einige gehen auf die in unangenehmen Einzelgesprächen vermittelten Abfindungsangebote ein, schließlich artet die Langeweile des harten Kerns in eine kuriose Musical-Performance aus. Das Sujet des Films erinnert aufgrund seiner Reflektion der sozialpolitischen Realität Portugals unweigerlich an klassische Streikfilme der 1970er wie Petris DIE ARBEITERKLASSE GEHT INS PARADIES oder Fassbinders ACHT STUNDEN SIND KEIN TAG, doch verliert Pinho bis zum Ende seinen Humor nicht. Bemerkenswert macht den Film sein selbstreferentieller, sogar dokumentarischer Kontext: fast der gesamte Cast arbeitet tatsächlich in Fabriken, ein skurriler Filmemacher verfolgt das Geschehen, schließlich erinnert der Fall an eine reale kollektiv verwaltete Fahrstuhlfabrik.
Maybe you’ve seen some films by the likes of Pedro Costa or Miguel Gomes already, then it should be no big news for you anymore that contemporary Portuguese cinema is definitely something to keep on radar. Not unlike those two directors, João Pedro Rodrigues’ cinematic language is also quite unique and inventive and his way of storytelling beautifully weird. Reason enough for us to include his most recent work O ORNITÓLOGO (THE ORNITHOLOGIST) in our programme. You can already see the trailer below. The whole film will be screened on 11 April, 8pm at Luru Kino, including important travel safety tipps for your next birdwatching tour through the Portuguese countryside.
O ORNITÓLOGO / THE ORNITHOLOGIST
PT/F/BRA 2016, R: João Pedro Rodrigues, D: Paul Hamy, Xelo Cagiao, Han Wen, Chan Suan, OmeU, 118’, DCP
Fernando ist ein einzelgängerischer Ornithologe, der auf einem abgelegenen Fluss im Norden Portugals nach dem seltenen Schwarzstorch Ausschau hält, bis sein Kanu von der Strömung mitgerissen wird und kentert. Wieder bei Bewusstsein, befindet er sich in einem Wald, gerettet von zwei chinesischen Pilgerinnen auf ihrem Weg nach Santiago de Compostela. Aus Fernandos Weg zurück ins Leben wird eine surreale Reise nach Innen, in der sich die Geschichte zunehmend auflöst, sich Zeit- wie Raumschranken entledigt und einen sexuellen Mythos etabliert. Dabei muss niemand wissen, dass THE ORNITHOLOGIST Rodrigues’ autobiografische Zerlegung und unbekümmert freie, blasphemische Modernisierung des klerikalen Antonius von Padua-Geschichte ist, um den Film zu mögen. Im Gegenteil: die wechselhaften, wunderbar exzentrischen Episoden, die mysteriöse Dichte und doppelbödige Sinnlichkeit der Bilder fesseln von Anfang an. THE ORNITHOLOGIST ist ein losgelöstes Kino, das sich mit seinen Figuren in ständiger Verwandlung befindet, nur sich selbst unterworfen – ein Kino, das die Schwerkraft linearer Narrativität und festgefahrener Vorstellungen hinter sich lässt wie die Vögel die irdische Schwerkraft. Bei vielen anderen würde solch eine assoziative Fabulierlust den Film auseinanderfallen lassen, doch Rodrigues vermischt mit eindrucksvoller Kontrolle Motive, die scheinbar nicht zusammen passen. Er verleiht den Episoden eine eigensinnige Kohärenz, die einen bei der Stange hält – und die auch lässig dem Blick standhält, den die Vögel im Film immer mal wieder von oben herab zurück auf Fernando werfen.
11. April, 20 Uhr – Luru Kino in der Spinnerei