The Tribe
(UKR 2014, R: Myroslav Slaboshpytskiy, D: Grigoriy Fesenko, Yana Novikova, 130’, Gebärdensprache, DCP/BluRay)
Die Geschichte ist wie bei allen guten Geschichten denkbar simpel: ein Teenager kommt neu in ein Internat und muss sich in vorhandene soziale Strukturen einfügen. Regisseur Myroslav Slaboshpytskiy lässt ohne Worte nur die Körper sprechen. Und diese tun das trotz ihrer Jugendlichkeit mit beängstigender Eloquenz. Sie erzählen von Sex und Gewalt, vom Leben innerhalb der Mauern des Internats und bewegen sich dort trotzdem außerhalb gesellschaftlich respektierter Normen. Einzig mittels Gebärdensprache wird dabei kommuniziert, ohne Untertitel oder ergänzend gesprochenem Dialog. Dieser Umstand ist sowohl Konzept als auch Notwendigkeit, da die Figuren allesamt tatsächlich Gehörlose sind. Durch die Übernahme der Wahrnehmung und des Welterfahrens der Protagonisten haben die Zuschauenden teil an der Perspektive einer marginalisierten Randgruppe. Jede Miene, jede Geste erscheint dabei voll aufgeladen mit Haltung und Emotion. The Tribe schafft ein verblüffendes, über alle gewohnte Maßen hinaus stimulierendes Seherlebnis, das Aufmerksamkeit einfordert und diese dann auch besonders belohnt. In seiner radikalen Konsequenz ist der Film vielleicht wirklich etwas Neues, etwas vorher noch nicht da Gewesenes. In ruhigen, wundervoll orchestrierten Cinemascope-Tableaus folgt die Kamera unerbittlich dem Schicksal der Figuren. Ein vielschichtiges Sozialdrama, eine aufwühlende Milieustudie, ein kühner coup de cinéma.
16. April, 21 Uhr – Luru-Kino in der Spinnerei – € 6/5 (erm.)
24. April, 22 Uhr – Schaubühne Lindenfels € 6/5 (erm.)