True Politics 2017

Here it is: last item on the list! And as you might’ve read or guessed already it’s of course our TRUE POLITICS video art exhibition, which will be held from 07 to 09 April, starting at 6 pm respectively at the ballroom of Schaubühne Lindenfels—with exhibition tours on 07 and 09 April at 6:30 pm. The exhibition features works by some artists, whose names should be familiar to you already like Selma Doborac and Omer Fast and lots of others, which we will introduce in detail soon. 

The exhibition will be accompanied by a discussion forum taking place at 08 April on 7:30 pm in which Selma Doborac, Mario Pfeifer, Lars Koch and Angelika Bartl will debate about about the possibilities of documentary film and art and about the responsibilities of artists with regards to information production.

Find more information about the exhibition and the panel at www.gegenkino.de. We will also feed you some more information on the works in the exhibition in the upcoming days.

So, that’s the GEGENkino 2017 programme. We hope you like it and are as excited as us—or at least a bit excited maybe—, too.

Best, your GEGENkino crew


TRUE POLITICS

Videokunstausstellung

Die Beiträge von TRUE POLITICS sind dokumentarisch im weitesten Sinne. Sie befassen sich mit (geo-) politischen Verhältnissen, der Repräsentation sozialer Krisensituationen und mit marginalisierten Gruppen. Die Basis bilden dabei Erzählungen, die die (Ungleich-)Verteilung gesellschaftlicher Kräfte verhandeln und mit experimentellen künstlerischen Verfahren vor allem auf deren Darstellbarkeit reflektieren. Aus filmästhetischer Perspektive interessiert uns in dem Zusammenhang die Überlappung verschiedener Techniken – Videokunst, Kino, Reportage und Recherche, popkulturelle Signaturen wie Videoclip oder Videospiel, Fiktionalisierungen und Reenactment – alles Techniken, die Allianzen mit dem Dokumentarischen eingehen und auf ihre je eigene Weise versuchen, einen bestimmten Realitätssinn zu verteidigen. Ihnen gemein ist das Ringen um das Sprechen über gesellschaftliche Konstellationen, die menschliche Gesellschaften entweder zerstören oder ins Leben rufen, weiterhin die Bemühungen um eine Definition der Verschiebung emanzipatorischer sozialer Bindungen.

IN THE FUTURE THEY ATE FROM THE FINEST PORCELAIN (Larissa Sansour / Søren Lind) ist ein Stück Fictocriticism und zeigt archäologische Mythenarbeit, bei der eine narrative Widerstandsgruppe Porzellan vergräbt, um ihr schwindendes Territorium zu reklamieren. Sind die Scherben von den kommenden Generationen einmal ausgegraben, ist auch der Beweis der kulturellen Geschichte des strittigen Gebiets erbracht und damit – so die Hoffnung – werden auch die politischen Ansprüche darauf legitimiert sein. Mario Pfeifers 2-Kanal-Arbeit #BLACKTIVIST besteht einerseits aus einem Musikclip des Rap-Kollektivs „Flatbush ZOMBiES“, das die aktuelle Situation der afroamerikanischen Communities in den USA thematisert. Anderseits werden die Bilder von gewaltgesättigten Begegnungen mit der Polizei flankiert von Aufnahmen aus der ersten 3D-Druck-Waffenfabrik, die als Non-Profit-Organisation in Texas die Blaupausen der Fabrikate als Anleitung zum Selberdrucken frei zugänglich macht. Wie sich Bildarchive zusammensetzen, wie sie sich vermitteln oder eben nicht vermitteln lassen, welche ethischen und bildpolitischen Fragestellungen ihnen eingeschrieben sind, darüber sprechen Selma Doboracs ES WAR EIN TAG WIE JEDER ANDERE IM FRÜHLING ODER SOMMER. Durch eine subjektive Annäherung an den Bosnien-Krieg und Oraib Toukan WHEN THINGS OCCUR, in dem die Bilder des Gaza-Konflikts auf ihr Zustandekommen und ihre mediale Zirkulation hin befragt werden. In Lawrence Leks dystopischer Low-Budget-Computeranimation EUROPA, MON AMOUR kartografiert eine Drone Londoner Banken- und Amüsierviertel.

Arbeiten u.a.:

#blacktivist (Mario Pfeifer, 2015, 2-Kanal, 5’), Empire of Evil (Harald Hund, 2016, 11’), Europa, Mon Amour (Brexit Edition) (Lawrence Lek, 2016, 14’), Es war ein Tag wie jeder andere im Frühling oder Sommer.
(Selma Doborac, 2012, 17’), In The Future They Ate from the Finest Pocelain (Larissa Sansour, Søren Lind, 2015, 29’), Lumapit Sa Akin, Paraiso (Come to Me, Paradise) (Stephanie Comilang, 2016, 26’), The Search Drive (Warren Neidich, 2015, 17’), When Things Occur
(Oraib Toukan, 2016, 28’)

07. bis 09. April jeweils ab 18 Uhr – Schaubühne Lindenfels (Ballsaal)

Ausstellungsführungen am 07. und 09. April um 18:30 Uhr


TRUE POLITICS

Diskussionsrunde

Die Diskussionrunde schließt an die Thematik der Ausstellung an. Es werden aktuelle Tendenzen und Ästhetiken innerhalb dokumentarischer Film- und Videokunst diskutiert. Ausgangspunkt ist dabei die These, dass dokumentarische Arbeiten nicht vorrangig auf die Authentizität ihrer Darstellung von Wirklichkeit befragt werden müssen. Viel wichtiger scheint ihre interne Politik zu sein. Welche Rhetoriken von Wahrheit, Aufrichtigkeit, Objektivität oder Echtheit werden dort artikuliert? Nicht wie akkurat und korrekt, sondern in welcher politischen Weise beziehen sich Arbeiten auf Wirklichkeit oder Wahrheit? Wie ist ihre Verflechtung mit herrschenden Machtverhältnissen und ihre Produktion von Subjektivitäten zu verstehen? Welche Technologien von Wahrheit werden in diesem Zuge entwickelt?

Über den Fetisch des authentischen Dokuments stellt Videokunst zudem vermehrt ethische Relevanz in Aussicht. Ist sie überhaupt in der Lage, dieses Versprechen einzulösen und falls ja: in welchem Maße?

Unter Moderation von Dennis Vetter sollen zusätzlich übergeordnete Fragestellungen diskutiert werden: welche mögliche Abgrenzungen zur ständigen Forderung nach tagesaktuellen Nachrichten- und Bildwerten können Filmemacher*innen treffen? Ist das ursprüngliche demokratische Projekt des Dokumentarischen, Öffentlichkeit und Authentizität herzustellen, überhaupt noch uneingeschränkt durchführbar? Oder bietet die Produktion von Korrektur- und Gegeninformationen nicht einen viel attraktiveren Ansatz – verbunden mit der Vorstellung, die adressierte Öffentlichkeit zu (re-)organisieren?

Es diskutieren:

Selma Doborac lebt in Wien und arbeitet in den Bereichen Essay-, Dokumentar- und Experimentalfilm, Fotografie und Konzeptkunst. Studium in Wien und Berlin, u.a. an der Akademie der Bildenden Künste Wien, Klasse für Kunst und Film (Harun Farocki).

Mario Pfeifers Arbeiten entstehen in verschiedenen Regionen der Welt. In unterschiedlichen Erzählformen ermessen und recherchieren seine Filme und Videoarbeiten spezifische kulturelle Situationen – vom Verschwinden indigener Lebensräume in Chile bis hin zu den subjektiven Wahrnehmungen über die soziopolitische Realität in Sachsen.

Lars Koch ist Professor für Medienwissenschaft und neuere deutsche Literaturwissenschaft an der TU Dresden. Seine Arbeitsschwerpunkte umfassen Medialisierungen von Gefahr und Risiko sowie das Verhältnis von Faktizität und Fiktion.

Angelika Bartl ist Film- und Kulturwissenschaftlerin. Sie arbeitet zu dokumentarischer Medienkunst unter Berücksichtigung postkolonialer Theorien und Gender Studies.

Moderation:

Dennis Vetter ist Filmkritiker, unabhängiger Filmwissenschaftler, Kurator und Festivalorganisator. Er ist Mitbegründer der Woche der Kritik in Berlin. Sein Arbeitsschwerpunkt liegt auf Dokumentarfilm, asiatischem Kino, Queer cinema und Experimentalfilm.

08. April um 19.30 Uhr – Schaubühne Lindenfels (Ballsaal)

Diskussion in deutscher Sprache