17.09.2023 | ORLANDO, MY POLITICAL BIOGRAPHY (FR 2023, Paul B. Preciado)
FR 2023, R: Paul B. Preciado, D: Emma Avena, Arthur, Virginie Despentes, 98’, OmdU, DCP
Aus queerer Perspektive gilt Virginia Woolfs Roman Orlando – eine Biografie von 1928 als wichtiger Moment der literarischen Moderne, weil in dessen Verlauf der junge Mann Orlando nach einem mehrtägigen Schlaf als Frau erwacht. Für seinen experimentellen Dokumentarfilm nimmt Paul B. Preciado die Figur des Orlando als Ausgangspunkt für die Beschäftigung mit seiner eigenen Transidentität und als spielerisches Angebot für trans und nicht-binäre Menschen, ihre individuellen Biografien zu schildern. Zwei Dutzend von ihnen schlüpfen in die Rolle Orlandos und berichten etwa von ihren jeweiligen Transitionen, ihrem Struggle mit der eigenen Geschichte, mit staatlichen und medizinisch-psychiatrischen Kontrollregimen und davon, was es bedeutet, von dominanten Geschlechterrollen abzuweichen. In unterhaltsamen und von einer widerständigen Haltung getragenen Episoden verweben Preciado und die weiteren Orlandos die Jetztzeit-Realität mit der fiktiven Biografie von Virginia Woolfs Figur, die sich vom Elisabethanischen Zeitalter über mehrere Jahrhunderte erstreckt. Was, wenn der Orlando des 16. Jahrhunderts heute leben würde? Wie würde er sich in der Praxis eines Psychiaters verhalten, an dessen Willkür die Verschreibung einer Hormontherapie hängt? Spätestens wenn sich im Warteraum die Diskokugeln zu drehen beginnen und die Anwesenden einen Dancefloor-Hit intonieren, wird klar, dass es hier nicht allein um Unterdrückung geht, sondern auch um die Entwicklung hin zu einem politischen Subjekt: „You are not the doctor‘s bitch. You might be synthetic, but you are not apologetic. The categories are pathetic.“
So 17 Sept | UT Connewitz |
21:00 Uhr | € 6,5 (5,5 ermäßigt) |