Die endlose Nacht des faschistischen Franco-Regimes wirft noch heute ihre Schatten in die politische Gegenwart Europas. Vor diesem Hintergrund sichtet der galicische Filmemacher Eloy Enciso gemeinsam mit den Teilnehmenden seinen Film LONGA NOITE (ENDLESS NIGHT) aus dem Jahr 2019 in Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig. Im Anschluss werden auf der Grundlage des Screenings verschiedene Aspekte im Gespräch beleuchtet: etwa die Rolle der dokumentarischen und literarischen Texte bei der Drehbuchentwicklung, die konsequente Arbeit mit Laiendarsteller*innen, die Wirkungsweisen eines ästhetischen Minimalismus sowie die Möglichkeiten und Grenzen der politischen Parabel im Spiel- und Dokumentarfilm.
Eloy Enciso studierte Dokumentarfilm an der Escuela Internacional de Cine y TV in Kuba. Seine Werke wurden u.a. im Centre de Cultura Contemporània de Barcelona, im Museo Nacional Centro de Arte Reina Sofía, im Museum of Modern Art New York (MoMA) und im Museum of the Moving Image gezeigt. Im Jahr 2014 erhielt er das Robert Gardner-Stipendium vom Harvard Film Study Center und war Teilnehmer am Mo- MA-Programm Modern Mondays. Enciso lebt und arbeitet in Galicien.
Fr 27.08. | HGB Leipzig |
10.00 – 15.30 Uhr | Eine Teilnahme ist nur mit vorheriger Anmeldung unter kontakt@gegenkino.de möglich. Die Teilnehmer*innenzahl ist begrenzt. Sprache: Englisch |
mit Unterstützung der Botschaft von Spanien in Berlin

DE 1992, R: Helga Reidemeister, Dok, 114’, dt. OV, 16mm
1991 beobachtete die westdeutsche Filmemacherin Helga Reidemeister acht Monate lang den Abzug der sowjetischen Truppen aus Meiningen in Thüringen. Sie sprach mit den jungen Soldaten noch an ihrer letzten Stationierung und begleitete sie in das Auflösungslager in der Ukraine und ferner zu ihren Familien nach Kiew, Samarkand und Nowosibirsk. Parallel zu dem Leben der Soldaten fand der Moskauer Putschversuch statt, und die Sowjetunion fiel auseinander. Was war für sie die Heimat, in die sie zurückkehrten, die es aber nicht mehr gab?
Als Soldaten mussten sie innerhalb der Hierarchie des Heeres Gehorsam leisten. Nachher, als freie Menschen, durften sie selbst ihre Entscheidungen treffen. RODINA HEIßT HEIMAT beeindruckt als zeitgenössisches Dokument einer historischen Veränderung. Was den Film aber zudem ins Heute und Jetzt holt, sind die politischen Ereignisse des letzten Jahrzehnts in Europa und Russland. Während der Dreharbeiten des Films im Jahr 1991 durften die sowjetischen Bürger*innen ihren Willen zur Selbstbestimmung realisieren. Heute aber sind die Fragen nach freier Meinungsäußerung, nach Grenzen – im Inneren und Äußeren – und nach Selbstzensur wieder aktuell.
Fr 27.08. | Luru Kino in der Spinnerei |
19 Uhr | Mit einer Einführung von Elina Reitere regulär: 6,5€ / ermäßigt 5,5€ im Doppel: 11€ / ermäßigt 9€ |
SU (Lettische SSR) 1986, R: Juris Podnieks, Dok, 83’, OmeU, DCP
IS IT EASY TO BE YOUNG? von Juris Podnieks (1950– 1992) zählt zu den bedeutendsten Dokumentarfilmen, die in den letzten Jahren der UdSSR entstanden sind und gilt als einer der ersten, der die neue Stimmung im Staat unter der Glasnost- Agenda von Michail Gorbatschow filmisch einfing. Er beginnt mit Aufnahmen eines Konzertes der verbotenen Band Pērkons. Als Jugendliche auf dem Rückweg nach Riga Eisenbahnwaggons demolieren und ihnen ein Schauprozess gemacht wird, sucht Podnieks die Betroffenen im Gefängnis auf und spricht offen mit ihnen über ihre Ängste anstatt zu moralisieren oder zu verurteilen.
Und so begegnet er mit Offenheit, Ehrlichkeit und tiefem Interesse all seinen Filmhelden, die als Ganzes ein Kaleidoskop jener Akteur*innen der sowjetischen Gesellschaft bilden, die bis dahin unsichbar gebliebenen sind, weil sie nicht systemkonform sind oder weil ihre persönliche Sicht auf die Ereignisse von der ofiziellen Parteilinie erheblich abweicht. Punks, Veteranen des Afghanistan-Krieges, junge Mütter und ihre Geschichten zeugen vom unmöglichen, individuellen Kampf gegen das System. IS IT EASY TO BE YOUNG? war ein Blockbuster und hatte in der Sowjetunion 28 Millionen Zuschauerinnen.
Fri 27.08. | Luru Kino in der Spinnerei Open Air |
22 Uhr | Mit einer Einführung von Elina Reitere regulär: 6,5€ / ermäßigt 5,5€ im Doppel: 11€ / ermäßigt 9€ |
ES/FR/LU 2019, R: Oliver Laxe, D: Amador Arias, Benedicta Sánchez, 85’, OmeU, DCP
Nach dem Dreh seiner ersten beiden Filme in Marokko kehrt Regisseur Oliver Laxe in seine Heimat Galicien zurück, um die Geschichte einer Rückkehr zu erzählen. Amador, ein Brandstifter, kommt nach dem Absitzen seiner Gefängnisstrafe zurück in sein Heimatdorf, zum Haus seiner Mutter Benedicta und ihren Feldern und Tieren. Gerahmt von dokumentarischen Szenen bewegt sich das Geschehen behutsam vorwärts, fest eingehüllt in das althergebrachte Schweigen zwischen Mutter und Sohn, das sich zwischen den nicht-professionellen Schauspieler*innen entfaltet.
Die Repetition von ländlichen Riten und Arbeiten, eine fragmentierte Konkretheit der ausführenden Körper und Hände, die an Bresson erinnert, dazu im Wechsel Einstellungen, in denen die Charaktere mit der Landschaft verschmelzen. Die Struktur der 16 mm-Bilder schafft ein anthropologisches, zeitloses Register. Es erzählt von Intensität und Feuchtigkeit, von Wind und Feuer eines schönen und harten Landes, das als Metapher für das gestutzte Leben des Protagonisten und die Tiefe der bedingungslosen Liebe dient, die ihn beschützt. Jurypreis in Cannes 2019 in der Reihe Un Certain Regard.
Sa 28.08. | Schaubühne Lindenfels |
19 Uhr | Einführung von Ricardo Apilánez regulär: 6,5€ / ermäßigt 5,5€ im Doppel: 11€ / ermäßigt 9€ |
mit Unterstützung der Botschaft von Spanien in Berlin

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ES 2019, R: Silvia Navarro, Miguel G. Morales, Dok, 63’, OmeU, DCP
Aus mehr als dreißig Filmarchiven wählten Silvia Navarro und Miguel Morales Bilder aus, um ihren dokumentarischen Essay über die manipulative Macht der Bilder zu verfassen. Thema ist die Schaffung des Mythos der Guanchen, indigene Bewohnerinnen der Kanarischen Inseln, und die Geschichte der spanischen Herrschaft über das Gebiet bis zur Franco-Diktatur. Der Anthropologe Luis Diego Cuscoy spürte zwischen den 1940er und 70er Jahren den Überresten der Guanchen und dem Überleben ihrer Kultur unter damaligen Zeitgenoss*innen nach.
Er dokumentierte seine Forschung auf Film und Tonband. Diese Aufnahmen, ergänzt durch Propaganda- und Interviewmaterial aus diversen Quellen, erweisen sich in neu aufgearbeiteter Form als wirksames Instrument einer politischen Archäologie, die eine Neuinterpretation der Geschichte ermöglicht. Die Hintergründigkeit, die durch die Auswahl der Ausschnitte und deren Montage erreicht wird, ist überraschend und fesselt. Der Film oszilliert zwischen Legendenbildung und Geschichte, Phantasie und Zeugnis, Repräsentation und Spontaneität. Großer Preis für den besten Film beim IndieLisboa Festival 2019.
Sa 28.08. | Schaubühne Lindenfels |
21 Uhr | In Anwesenheit von Miguel G. Morales regulär: 6,5€ / ermäßigt 5,5€ im Doppel: 11€ / ermäßigt 9€ |
mit Unterstützung der Botschaft von Spanien in Berlin
