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DE/FR 2005, R: Johann Feindt & Tamara Trampe, Dok, 92′, OV mit dt. Voice-Over, Digi Beta
Wie kommen Soldaten aus dem Krieg zurück? Das ist die eine Frage, die den Dokumentarfilm WEISSE RABEN, der Anfang der 2000er entstand, begleitet. Wir lernen junge Männer kennen, die die Regisseur:innen Tamara Trampe und Johann Feindt als Täter wie Opfer des Krieges in Tschetschenien zeigen: gebrochene Rückkehrer, aber auch betroffene Eltern, die ihre vermissten Söhne suchen und überarbeitete Angestellte im Moskauer Büro des Komitees der Soldatenmütter Russlands. Trampe synchronisiert die Stimmen der Protagonist:innen. Sie gibt ihnen ihre eigene Stimme und rückt damit nahe an sie heran – so wie sie es auch in ihren Gesprächen tut. In WEISSE RABEN zeigt sich die Stärke der Regisseurin, an die Gebeutelten herantreten und ihrer Verstummtheit begegnen zu können. So wie sie sich auch Zutritt zu versperrten Orten verschafft und im Gefängnis mit Kiril spricht, der nach seinem Kriegstrauma ein Sexualverbrechen beging und verurteilt wurde. Dabei tritt sie selbst als Fragestellerin ins Bild, ist zugänglich, aber auch beharrlich.
Parallel dazu thematisiert WEISSE RABEN auch die schwierige Spurensuche nach Bildern aus dem Tschetschenienkrieg, denn in Tschetschenien selbst konnte nicht gedreht werden. Trampe und Feindt sind mit ausgedruckten Standbildern aus einem russischen Videofilm, der die Verhaftung einer tschetschenischen Einheit durch russische Soldaten zeigt, unterwegs. Sie suchen nach den beiden Frauen, die dort am Boden knien, die Hände hinter dem Kopf verschränkt, ihr Blick direkt in die Kamera gerichtet.
| Di 13 Sept | Luru Kino in der Spinnerei |
| 21:00 Uhr | regulär: 6,5€ / reduziert 5,5€ Doppelticket mit MIT PYRAMIDEN : 11€ / 9€ reduziert |
D 1990, R: Renate Sami, Dok, 93′, OmdU, 16mm
Renate Samis MIT PYRAMIDEN ist ein schwer einzuordnender Dokumentarfilm, am ehesten ist er wohl ein Travelogue. Das Bild eines fernen Landes wird hier aus unterschiedlichen Stimmen, Klängen, Gesichtern und Interieurs zusammengesetzt, es bleiben dabei Ecken und Kanten zurück, nichts ist harmonisch abgerundet. Wir sehen vom Auto aus ägyptische Wüsten- und Stadtlandschaften, die wir in 8mm- und 16mm-Aufnahmen gemeinsam mit Sami erkunden, während uns die Tonspur verschiedene Texte präsentiert. Diese handeln etwa von sagenumwobenen Stadtgründungen, geben aber auch Einblick in Geschichten ägyptischer Frauen, die von ihren leidvollen Eheerfahrungen, allgemein vom Frausein in einer patriarchalen Gesellschaft berichten.
Die Erfahrung, die man dabei als Zuschauer:in macht, fasst Samis Kollegin und Freundin Ute Aurand so poetisch, wie der Film selbst ist, zusammen: „Dinge stoßen aneinander, die ich nicht vermute. Sie erzeugen einen neuen Raum, außerhalb des Films. Das Vergnügen an diesen unvorhersehbaren Verwunderungen zwischen den Bildern gibt dem Film eine ihm ganz eigene Energie. (…) Nichts wird erklärt. Ich sage dazu Freiheit – und das ist der Zustand, in den mich dieser Film versetzt.“
| Di 13 Sept | Luru Kino in der Spinnerei |
| 19:00 Uhr | regulär: 6,5€ / reduziert 5,5€ Doppelticket mit WEISSE RABEN: 11€ / 9€ reduziert |
ES/CO 2021, R: Helena Girón, Samuel M. Delgado, D: Nuria Lestegás, Sara Ferro, Xoán Reices, Valentín Estévez, 75′, OmeU, DCP
Sie tragen den Tod. Und versuchen ihm doch zu entkommen. Eine Gruppe von Verurteilten entwischt auf den Kanaren der Flotte Christoph Kolumbus‘ und flieht mit einem riesigen Segel über die vulkanische Einöde. In Galicien indes wird eine junge Frau, die sterben wollte, von ihrer älteren Schwester gefunden und auf dem Rücken eines Esels zu einer Heilerin gebracht. Die Figuren sind Teilchen eines größeren Kosmos, in welchem die Sonne martert, der Wind ätzt, der Wald fiebert, die Erde blutiges Gestein spuckt, die See nach den ihr versprochenen Körpern sucht und die Schiffe den Tod weitertragen – hinein in die „Neue Welt“.
Wie erzählt sich Geschichte? Wer trägt Bedeutung? Wer ist der Sklave Caliban und wer die Hexe Sycorax? Das Regie-Duo Helena Girón und Samuel M. Delgado entwirft in seinem ersten gemeinsamen Langfilmprojekt eine kraftvoll-kontemplative Reflexion über die Fragilität von Historie und die Rolle von Geschlecht in dieser und wagt dabei in eruptiver Eleganz sowohl das Sakrileg der Intervention als auch der schweigenden Leere.
| Mo 12 Sept | Schaubühne Lindenfels |
| 19 Uhr | regulär: 6,5€ / ermäßigt 5,5€ |
IT/AR/FR 2021, R: Alessio Rigo de Righi & Matteo Zoppis, D: Gabriele Silli, Maria Alexandra Lungu, Severino Sperandio, 106′, OmeU, DCP
Italien, heute. Eine Handvoll älterer Jäger mit zerklüfteten Gesichtern trifft sich in geselliger Runde zum Essen und erzählt sich gegenseitig Geschichten von Luciano, einer Figur der lokalen Folklore. Aus diesem dokumentarischen Setting hebt THE TALE OF KING CRAB ab in das Leben von Luciano – oder vielleicht besser: in eine Version davon. Luciano sagt man, war ein Mann des späten 18. oder frühen 19. Jahrhunderts mit einer Vorliebe für Alkohol und eine Frau aus dem Dorf. Dazu kommt ein Streit um das Durchgangsrecht durch ein antikes Tor mit dem regionalen Fürsten. Angetrieben durch Leidenschaft und Eifersucht begeht er ein Verbrechen und wird als Krimineller verbannt nach Feuerland, ans Ende der Welt. Dort versucht er als Priester – mit anderen, eher unangenehmen Goldsuchenden und einem Krebs – einen mythischen Goldschatz zu finden.
Verwurzelt in oralen Traditionen und zeitgenössischem Kino, schaffen die beiden Regisseure einen Film, der seine Landschaften und das Weitergeben von Geschichten zelebriert. Die Kombination aus neorealistischem Charme und einem ästhetischen Rückgriff in ein vorindustrielles Zeitalter lassen an Alice Rohrwachers Filme denken, setzen dem aber noch einen verschrobenen Western obenauf. Die umwerfende Kameraarbeit fängt das Licht auf den körnigen 16mm-Aufnahmen ein und ist spielerisch dem Fiebertraum auf der Spur, der Kino immer gewesen ist.
| Mo 12 Sept | Schaubühne Lindenfels |
| 21 Uhr | regulär: 6,5€ / ermäßigt 5,5€ |
Das Duo Miriam Gossing und Lina Sieckmann erschafft experimentelle Arbeiten in den Bereichen Film, Fotografie und installative Videokunst. 2012 starteten die beiden den Projektraum Schalten & Walten, in welchem sie seither kollektiv mit anderen Künstler:innen Performances, Konzerte und Screenings organisieren. Zudem leiten und kuratieren sie das von ihnen gegründete Blonde Cobra Festival für queeren Underground- und Experimentalfilm sowie Performancekunst in Köln. Ihre eigenen Werke werden auf 16mm gedreht und im Anschluss digitalisiert. Die Kurzfilme nutzen, inszenieren und fiktionalisieren mitunter dokumentarische Inhalte, häufig mit einer Voice-Over-Stimme versehen, deren Texte auf der Grundlage von Interviews oder Foreneinträgen entstanden. Diese Texte – von professionellen Sprecher:innen performt – reichern dabei die statischen, meist von Menschen entleerten Bilder mit zusätzlichen Bedeutungsebenen an. Ob für die thematisch arrangierten Traualtare an den Highways Nevadas, die getrübten Vorstadtidyllen von Massachusetts oder die behäbigen Kreuzfahrtschiffe Nordeuropas: Die Geschichten und die Tonalitäten der Erzähler:innenstimmen setzen, begleitet von einem ausgefeilten, nicht selten düsteren Sounddesign, ein diffuses Unbehagen in die Arrangements. Dabei befragen die beiden Künstlerinnen Räume nach ihren Beziehungen zu menschlichen Leidenschaften und Obsessionen. In ihren Musikvideos EDIFICE und CHINA LIGHT wiederum glühen die Bilder förmlich in einem Montage-Rausch aus Farben und Materialfülle. Zusammen mit den Ebenen des Auditiven erschaffen sie einen repetitiven Sog hinein in die Lust an der Bewegung.
| So 11 Sept | UT Connewitz |
| 19:00 Uhr | Mit einer Videoeinführung der Filmemachenden regulär: 6,5€ / reduziert 5,5€ |
SONNTAG, BÜSCHERHÖFCHEN 2
DE 2014, 13′, ohne Dialog, HD
DESERT MIRACLES
DE/US 2015, 12′, engl OV, HD
EDIFICE
US 2018, 4′, ohne Dialog, HD
OCEAN HILL DRIVE
DE 2016, 21′, engl. OV, HD
ONE HOUR REAL
DE/NL 2017, 12′, ohne Dialog, HD
CHINA LIGHT
DE 2019, 4′ ohne Dialog, HD
SOUVENIR
DE/NL 2019, 20′, engl. OV, HD







































