



UY 2024, R: Ana Guevara, Leticia Jorge, D: Chiara Hourcade, Victoria Jorge, Eva Dans, 74’, OmeU, DCP
DON’T YOU LET ME GO ist ein stilles, poetisches Drama aus Uruguay über Freundschaft, Verlust und das Weiterleben mit der Erinnerung. Die 39-jährige Adela steht auf der Beerdigung ihrer besten Freundin Elena – und fühlt sich außen vor. Während um sie herum Kinder spielen und Menschen trauern, bleibt sie leer und emotional eingefroren. Verzehrt von Schock und drohender Leere, wird Adela zu einer unerwarteten Zeitreisenden. Sie steigt in einen Bus – und findet sich zehn Jahre in der Vergangenheit wieder: ein Wochenende mit Elena und ihrer Freundin Luci im alten Strandhaus. Drei Frauen, ein Baby, Musik, Bücher, Sonne, Gespräche. Es ist ein magisch-realistischer Zwischenraum voller Leben, flüchtig und vertraut zugleich. In ruhigen Bildern und feinen Gesten entfaltet sich eine Geschichte über Nähe, Vergänglichkeit und die stille Wucht gelebter Freundschaft. Das verlorene Glück erscheint für einen Moment wieder greifbar. Mit viel Gespür für Atmosphäre und emotionale Zwischentöne erzählen die Regisseurinnen Ana Guevara und Leticia Jorge von dem, was bleibt, wenn eine Person geht – und von der Kraft, Erinnerungen nicht nur zu bewahren, sondern neu zu bewohnen.
| Sa 20 Sept 2025 | UT Connewitz |
| 18:00 Uhr | € 7,50 (6,50 ermäßigt) |
Trailer
ARCHIVE | Feministische Gegengeschichten
FREMD GEHEN. GESPRÄCHE MIT MEINER FREUNDIN






DE 1999, R: Eva Heldmann, D: Annette Brauerhoch, 64’, OmeU, 35mm
„Ich hab’ mich immer so ein bisschen mutig gemacht, wenn ich da in so’n Gebäude reingegangen bin, weil ich dachte, sobald du hier die Tür aufmachst und die Treppe hochgehst und so’n Gang langgehst, ist ganz klar, du kommst zum Ficken her.“ Die Gebäude, die Annette betritt und von deren Bewohnern und immergleichen Ausstattungen sie ihrer Freundin Eva berichtet, sind die Kasernen der US-Armee in Frankfurt am Main und Umgebung. Über Jahre hinweg hat die Filmwissenschaftlerin diesen, wie sie sagt, „maskulinen Bereich schlechthin“, aufgesucht und gezielt als Frau übertreten: Aus Neugier auf fremdes Terrain und aus dem Verlangen heraus, in unkomplizierten Begegnungen mit ungebundenen, willigen und sich in der Ferne ortlos fühlenden Männern ganz „sexuelles Wesen“ zu sein, der Lust freien Lauf zu lassen.
Während die Kamera in Seitwärtsfahrten die Kasernenfassaden abmisst, sich durch Gänge, Clubs und Bars schlängelt sowie Einblicke in die Privaträume der Soldaten und der Protagonistin gewährt, ist der davon entkoppelte Ton vom Gespräch der Freundinnen erfüllt, einem offenen Privatgespräch, das der Film zu einem öffentlichen macht. An manchen Stellen verstummt er aber auch, nämlich dann, wenn wir den Blick von Annettes Super8-Kamera einnehmen, wie sie die schwarzen Körper ihrer Liebhaber abtastet, ihr eigenes Verlangen in die Bilder hineinlegt. FREMD GEHEN. handelt vom Wunsch, die Grenzen des eigenen Lebens zu übertreten und zugleich ganz der eigene Körper zu sein.
| Fr 19 Sept 2025 | Luru Kino |
| 22:00 Uhr | € 7,50 (6,50 ermäßigt) In Anwesenheit von Annette Brauerhoch |
ARCHIVE | Feministische Gegengeschichten
DIE URSZENE
DE 1981, R: Noll Brinkmann, 7’, 16mm
VIVA AVIS


DE 1985, R: Lilo Mangelsdorff, 6’, 16mm
BETWEEN





DE 1989, R: Claudia Schillinger, 9’, 16mm
DUSCHEN, SAN FRANCISCO
DE 1994, R: Anja Czioska, 3’, 16mm
DACH, SAN FRANCISCO



DE 1994, R: Anja Czioska, 3’, 16mm
LES MISERABLES
AT 1987, R: Mara Mattuschka, 2’, 16mm
CEROLAX II
AU 1985, R: Mara Mattuschka, 3’, 16mm
WENN DER HAARWUCHS LÄSTIG WIRD


DE 1987, R: Anja Telscher, 7’, 16mm
COMPARTMENT


DE 1990, R: Eva Heldmann, 5’, 16mm
THE COLOR OF LOVE
US 1994, R: Peggy Ahwesh, 10’, 16mm
ONE PUSSY SHOW

DE 1996, R: Anja Czioska, 6’, 16mm
Im Archiv für den bundesdeutschen Experimentalfilm von Frauen der Universität Paderborn befinden sich 50 analoge 16mm Filmkopien von Filmemacherinnen Deutschlands und Österreichs vor allem aus den 1980er Jahren: eine Zeit ohne Heimcomputer oder Mobiltelefon. Es war eine produktionsintensive, lebendige Phase der Auseinandersetzung mit filmischen Konventionen und Klassikern der Avantgarde an den (meist männlich dominierten) Filmklassen der Film- und Kunsthochschulen zum Beispiel in Hamburg und Braunschweig sowie am Städel in Frankfurt am Main. Die Sammlung ist ein Projekt zu dem die beteiligten Filmemacherinnen solidarisch beigetragen haben. Sie spiegelt meinen Wunsch, einem in den 2000er Jahren im Aufbau begriffenen Institut für Medienwissenschaften nicht nur etwas hinzuzufügen, sondern darüber hinaus sogenannten „Medien“ und „Digitalität“ bewusst etwas entgegen zu setzen: Film in seiner konkreten Materialität, Filmformen jenseits von Narration und Dokument und: feministische (Körper)energie. Es ging um „andere“ Filme in einer Umgebung, in der sie zunächst fremd waren, aber ein studentisches Publikum fanden, das mit ihnen neue Seherfahrungen machte. Nach meiner Emeritierung von der Universität 2021 wird die Sammlung demnächst unter anderem Namen (Experimentalfilmsammlung Brauerhoch) ein neues Zuhause bei der Kinothek Asta Nielsen finden – und hoffentlich immer wieder das Licht der Projektion.
Im Kino geht es wie in keinem anderen Medium um den Körper und den Blick. Die feministische Filmtheorie hat früh festgestellt, dass den Geschlechtern dabei unterschiedliche Rollen zufallen, die mit Macht und Raum zu tun haben. Im Programm vom Aufruhr der Körper findet mit einem Fokus auf weibliche Blicke wie Körper eine zielgerichtete Auseinandersetzung mit den Schaulüsten im Kino statt. DIE URSZENE greift ironisch Freuds Theorie vom Ursprung der Schaulust auf und verweigert dabei konsequent den im Kino damit gängigerweise verbundenen Voyeurismus im Blick auf den weiblichen Körper oder den Sexualakt. An dessen Stelle tritt die voyeuristische Neugier der Filmemacherin, die haptische Lust der Kamerabewegungen und die Phantasietätigkeit der Zuschauer:innen. In den Filmen von Anja Czioska und Claudia Schillinger richtet sich Schaulust auf den eigenen Körper. Czioska führt auf ungemein witzige Weise eine Standardsituation des Voyeurismus im Kino – eine Frau duscht – ad absurdum und widmet sich in DACH, SAN FRANCISCO lustvoll wilden, raumgreifenden Bewegungen, die ein rebellisches Bündnis mit dem Körper des Films eingehen. Dem normierten und normierenden Blick des Mainstream-(Hollywood-)Kinos setzt Claudia Schillinger in BETWEEN einen selbstbewussten Exhibitionismus und provokanten Blick ins Publikum entgegen. Lilo Mangelsdorff und Anja Telscher führen Repression vor, die mit Schönheitsidealen und medialen Vorschriften einhergehen, Mara Mattuschka treibt die Vorschriften auf die Spitze und entmachtet sie in aufmüpfigen Animationen. Die Filme des Programms inszenieren Leidenschaften, brechen Tabus und gestalten die Bilder, die von Frauen und ihren Körpern in bestimmten Genres gemacht werden neu, wie etwa in THE COLOR OF LOVE und COMPARTMENT.
Spielt sich im ersten Film des Programms (DIE URSZENE) der Aufruhr der Körper vor allem in der Phantasie der Zuschauer:innen ab, findet er im letzten (ONE PUSSY SHOW) dagegen eine ausgesprochen lebendige und lustvolle Inszenierung. Alle Filme frönen auf ihre sehr eigene und vom Mainstream unterschiedene Weise der Schaulust.
| Fr 19.09 2025 | Luru Kino in der Spinnerei |
| 18:00 Uhr | € 7,50 (6,50 ermäßigt) In Anwesenheit von Annette Brauerhoch |
ARCHIVE | FEMINISTISCHE GEGENGESCHICHTEN









In unserem diesjährigen Schwerpunkt widmen wir uns engagierten Archivpraktiken, die eine Alternativ- bzw. GEGENgeschichte zu herkömmlichen Filmgeschichtserzählungen präsentieren und dabei in besonderer Weise weibliche und queere Perspektiven fokussieren. Damit nehmen wir zwei Fäden vergangener GEGENkino-Ausgaben wieder auf: unser Interesse an feministisch-aktivistischer Filmkultur wie -geschichte sowie an unangepassten Formaten des Sammelns, Vermittelns und Erstreitens von Bereichen der Filmgeschichte, die gemeinhin durchs Raster fallen. Dabei suchen wir erneut die Kooperation mit Institutionen und Akteur:innen, die ähnliche filmische Vorlieben wie wir haben. Mit unserer Auswahl wollen wir den Beweis führen, dass kritisches filmkuratorisches Arbeiten immer auch die Arbeit an GEGENgeschichten bedeutet. (HERAUS) AUS DEM ARCHIV: FEMINISTISCHE GEGENGESCHICHTEN konzentriert sich in drei Veranstaltungen auf die deutsch-deutsche (GEGEN-)Filmgeschichte sowie ihre Archivierung und Vermittlung. Sowohl die Weimarer Republik der frühen 1930er Jahre als auch die DDR und BRD der 1970er und 80er Jahre kommen in den Blick. Die im Zentrum stehenden Filme – Spiel-, Dokumentar- wie Experimentalfilmformen – gewähren Einblicke in das Leben von Frauen jenseits herrschender Klischees und Körperbilder.
Den Anfang macht die Vorstellung des Archivs für den bundesdeutschen Experimentalfilm von Frauen, welches Annette Brauerhoch, emeritierte Filmwissenschaftlerin und Mitherausgeberin der feministischen Filmzeitschrift Frauen und Film, aufgebaut hat und in dem sich 50 analoge Filme von deutschsprachigen Regisseurinnen zumeist der 1980er Jahre befinden. Die von Brauerhoch kuratierte und eingeführte Kurzfilmrolle AUFRUHR DER KÖRPER zeigt, auf welch vielfältige Weise sich dieses experimentelle Schmalfilmkino mit Blicken und Körpern – und damit mit Räumen und Macht – auseinandersetzt. Ergänzt wird das Programm durch FREMD GEHEN. GESPRÄCHE MIT MEINER FREUNDIN, in dem Brauerhoch als Protagonistin auftritt und offen über ihre Lust an fremden Körpern berichtet.
Am 20. September schauen wir uns ein staatliches Filmarchiv an – und lassen es von Expertinnen einordnen: Mit der Staatlichen Filmdokumentation der DDR (1971-86) stellt der freie Kurator und Publizist Tobias Hering einen ganz besonderen Produktions- und Archivkontext vor. Sind dort doch ca. 300 Filme in Auftrag gegeben und eingelagert worden, die den DDR-Alltag ungeschönt dokumentarisch einfingen – und von Staatsseite her nie für die öffentliche Auswertung vorgesehen waren. Gemeinsam mit der Historikerin und Herausgeberin Anne Barnert und der Filmhistorikerin und Kuratorin Borjana Gaković, Expertin für Geschichtsrepräsentation und Feminismen in der Filmgeschichte, hat Hering mit IM RICHTIGEN LEBEN – FRAUEN IN FILMDOKUMENTEN DER STAATLICHEN FILMDOKUMENTATION DER DDR eine Filmauswahl getroffen, die Frauen und ein breites Spektrum ihrer Lebenswege ins Zentrum stellen und dafür geeignet sind, das herkömmliche Bild vom Status der Frauen in der DDR zu reflektieren und zu hinterfragen.
Unser drittes Programm hat einen echten Lokalbezug: Die gebürtige Leipzigerin Hertha Thiele (1908-1984) spielte im frühen Klassiker des queeren Kinos MÄDCHEN IN UNIFORM (DE 1931, R: Leontine Sagan) die Hauptrolle. Vor allem sie als eine bislang wenig beleuchtete Protagonistin deutscher Filmgeschichte soll bei der Veranstaltung im Zentrum stehen. Die Filmwissenschaftlerinnen und Mitbegründerinnen der Kinothek Asta Nielsen (Frankfurt/Main), Karola Gramann und Heide Schlüpmann, haben sich intensiv mit ihrer komplexen Biografie befasst. So wird es bei HERTHA THIELE – LIEBE ALS OPPOSITION, OPPOSITION ALS LIEBE auch darum gehen, welche Probleme sich für eine feministische Filmgeschichtsschreibung stellen und gegen welche Widerstände sie sich zu behaupten hat.
| Fr 19.09 2025 | Luru Kino in der Spinnerei |
| 18:00 Uhr | Kurzfilmrolle AUFRUHR DER KÖRPER von Annette Brauerhoch DIE URSZENE DE 1981, R: Noll Brinkmann, 7’, 16mm VIVA AVIS DE 1985, R: Lilo Mangelsdorff, 6’, 16mm BETWEEN DE 1989, R: Claudia Schillinger, 9’, 16mm DUSCHEN, SAN FRANCISCO DE 1994, R: Anja Czioska, 3’, 16mm DACH, SAN FRANCISCO DE 1994, R: Anja Czioska, 3’, 16mm LES MISERABLES AT 1987, R: Mara Mattuschka, 2’, 16mm CEROLAX II AU 1985, R: Mara Mattuschka, 3’, 16mm WENN DER HAARWUCHS LÄSTIG WIRD DE 1987, R: Anja Telscher, 7’, 16mm COMPARTMENT DE 1990, R: Eva Heldmann, 5’, 16mm THE COLOR OF LOVE US 1994, R: Peggy Ahwesh, 10’, 16mm ONE PUSSY SHOW DE 1996, R: Anja Czioska, 6’, 16mm |
| 22:00 Uhr | FREMD GEHEN. GESPRÄCHE MIT MEINER FREUNDIN DE 1999, R: Eva Heldmann, D: Annette Brauerhoch, 64’, OmeU, 35mm |
| Sa 20.09 2025 | UT Connewitz |
| 20 Uhr | Im richtigen Leben – Frauen in Filmdokumenten der Staatlichen Filmdokumentation der DDR PROF. DR. HILDE BENJAMIN, GEB. AM 5.2.1902 IN BERNBURG Staatliche Filmdokumentation, Redaktion: Gerd Barz, DDR 1972-74 HELMUT KRAATZ, PROF. DR. SC. MED., GEB. 6.8.1902 IN WITTENBERG Staatliche Filmdokumentation, Redaktion: Dieter Harms, DDR 1972 DOKUMENTE ZUR LEBENSWEISE. WOHNUNGSPROBLEME 1982/83 – DOKUMENT I Staatliche Filmdokumentation, Redaktion: Gerd Barz, DDR 1982-83 KLINIKUM BUCH – GESPRÄCHE IN EINER STRAHLENTHERAPEUTISCHEN KLINIK Staatliche Filmdokumentation, Redaktion: Hans Wintgen, DDR 1984-85 In Anwesenheit von Anne Barnert, Borjana Gaković und Tobias Hering |
| So 21.09 2025 | UT Connewitz |
| 14 Uhr | Hertha Thiele – Liebe als Opposition, Opposition als Liebe MÄDCHEN IN UNIFORM DE 1931, R: Leontine Sagan, D: Emilia Unda, Dorothea Wieck, Hertha Thiele, 96’, dt. OV, DCP Gespräch mit Heide Schlüpmann & Karola Gramann |
Special | CINÉMA CORPOREL
PORTRAIT DE MA MÈRE DANS SON JARDIN

FR 1980, silent, 9’, DCP
UNHEIMLICH III: LES MÈRES (THE MOTHERS), PART 1

FR 1980-81, silent, 52’, DCP
Das zweite Programm von CINÉMA CORPOREL greift am Folgetag bereits eingeführte Konzepte wieder auf, variiert und führt sie weiter: PORTRAIT DE MA MÈRE DANS SON JARDIN gestaltet erneut eine filmische Begegnung mit einer Frau und ihrem Körper: Thomadakis Mutter. Der Film war Teil der erweiterten Kinofassung von UNHEIMLICH III: THE MOTHERS, die bei den Künstler:innen 1981 vom Centre Pompidou ursprünglich als “expanded cinema performance” in Auftrag gegeben wurde. Wir zeigen den ersten Teil dieses einzigartigen, enigmatischen Projekts in seiner restaurierten Fassung als Abschluss dieser kleinen Hommage, zu der Katerina Thomadaki aus Athen nach Leipzig anreisen wird.
| Fr 19 Sept 2025 | Luru Kino |
| 20:00 Uhr | € 7,50 (6,50 ermäßigt) In Anwesenheit von Katerina Thomadaki |