Today | „True Politics“ video art exhibition + Forum

GEGENkino presents: „True Politics“ video art exhibition + forum

Thank you all for coming to our opening and the screening yesterday! It was really quite wonderful to see so many of you.

Thanks to Stephanie Comilang for presenting her work personally and being such a lovely guest. The film programme was sold out as well, so it was a full evening with a lot of people. Also thanks to Stephanie Cumming and Daniel Hoesl for being our guests and being really nice people.

The exhibition is open today and tomorrow from 6 to 11pm—come ‘round or come ‘round again, it’s a nice place to hang out and watch videos. So take your time… and on top of that, today there’ll also be our disccussion forum about documentary aesthetics, image politics, representation, truth and so on and so on at 7:30pm.

At 9pm we will show Omer Fast’s recent work CONTINUITY. We don’t know how many of you are planning to come, but if it’s as many as yesterday, you better be there early, if you want to get a good seat.

See you tonight,

your GEGENkino crew

4 Tage…

4 days left… time to get properly prepared!

We updated our section about the TRUE POLITICS video art exhibition a bit and you’ll now find more information on all the featured works—just click the links here:

The TRUE POLITICS video art exhibition will be held from 07 to 09 April, starting at 6 pm respectively at the ballroom of Schaubühne Lindenfels –with exhibition tours on 07 and 09 April at 6:30 pm.

The exhibition will be accompanied by a discussion forum taking place at 08 April on 7:30 pm in which Selma Doborac, Mario Pfeifer, Lars Koch and Angelika Bartl will debate about about the possibilities of documentary film and art and about the responsibilities of artists with regards to information
production.

Find more information about all that in TRUE POLITICS section.

True Politics 2017

Here it is: last item on the list! And as you might’ve read or guessed already it’s of course our TRUE POLITICS video art exhibition, which will be held from 07 to 09 April, starting at 6 pm respectively at the ballroom of Schaubühne Lindenfels—with exhibition tours on 07 and 09 April at 6:30 pm. The exhibition features works by some artists, whose names should be familiar to you already like Selma Doborac and Omer Fast and lots of others, which we will introduce in detail soon. 

The exhibition will be accompanied by a discussion forum taking place at 08 April on 7:30 pm in which Selma Doborac, Mario Pfeifer, Lars Koch and Angelika Bartl will debate about about the possibilities of documentary film and art and about the responsibilities of artists with regards to information production.

Find more information about the exhibition and the panel at www.gegenkino.de. We will also feed you some more information on the works in the exhibition in the upcoming days.

So, that’s the GEGENkino 2017 programme. We hope you like it and are as excited as us—or at least a bit excited maybe—, too.

Best, your GEGENkino crew


TRUE POLITICS

Videokunstausstellung

Die Beiträge von TRUE POLITICS sind dokumentarisch im weitesten Sinne. Sie befassen sich mit (geo-) politischen Verhältnissen, der Repräsentation sozialer Krisensituationen und mit marginalisierten Gruppen. Die Basis bilden dabei Erzählungen, die die (Ungleich-)Verteilung gesellschaftlicher Kräfte verhandeln und mit experimentellen künstlerischen Verfahren vor allem auf deren Darstellbarkeit reflektieren. Aus filmästhetischer Perspektive interessiert uns in dem Zusammenhang die Überlappung verschiedener Techniken – Videokunst, Kino, Reportage und Recherche, popkulturelle Signaturen wie Videoclip oder Videospiel, Fiktionalisierungen und Reenactment – alles Techniken, die Allianzen mit dem Dokumentarischen eingehen und auf ihre je eigene Weise versuchen, einen bestimmten Realitätssinn zu verteidigen. Ihnen gemein ist das Ringen um das Sprechen über gesellschaftliche Konstellationen, die menschliche Gesellschaften entweder zerstören oder ins Leben rufen, weiterhin die Bemühungen um eine Definition der Verschiebung emanzipatorischer sozialer Bindungen.

IN THE FUTURE THEY ATE FROM THE FINEST PORCELAIN (Larissa Sansour / Søren Lind) ist ein Stück Fictocriticism und zeigt archäologische Mythenarbeit, bei der eine narrative Widerstandsgruppe Porzellan vergräbt, um ihr schwindendes Territorium zu reklamieren. Sind die Scherben von den kommenden Generationen einmal ausgegraben, ist auch der Beweis der kulturellen Geschichte des strittigen Gebiets erbracht und damit – so die Hoffnung – werden auch die politischen Ansprüche darauf legitimiert sein. Mario Pfeifers 2-Kanal-Arbeit #BLACKTIVIST besteht einerseits aus einem Musikclip des Rap-Kollektivs „Flatbush ZOMBiES“, das die aktuelle Situation der afroamerikanischen Communities in den USA thematisert. Anderseits werden die Bilder von gewaltgesättigten Begegnungen mit der Polizei flankiert von Aufnahmen aus der ersten 3D-Druck-Waffenfabrik, die als Non-Profit-Organisation in Texas die Blaupausen der Fabrikate als Anleitung zum Selberdrucken frei zugänglich macht. Wie sich Bildarchive zusammensetzen, wie sie sich vermitteln oder eben nicht vermitteln lassen, welche ethischen und bildpolitischen Fragestellungen ihnen eingeschrieben sind, darüber sprechen Selma Doboracs ES WAR EIN TAG WIE JEDER ANDERE IM FRÜHLING ODER SOMMER. Durch eine subjektive Annäherung an den Bosnien-Krieg und Oraib Toukan WHEN THINGS OCCUR, in dem die Bilder des Gaza-Konflikts auf ihr Zustandekommen und ihre mediale Zirkulation hin befragt werden. In Lawrence Leks dystopischer Low-Budget-Computeranimation EUROPA, MON AMOUR kartografiert eine Drone Londoner Banken- und Amüsierviertel.

Arbeiten u.a.:

#blacktivist (Mario Pfeifer, 2015, 2-Kanal, 5’), Empire of Evil (Harald Hund, 2016, 11’), Europa, Mon Amour (Brexit Edition) (Lawrence Lek, 2016, 14’), Es war ein Tag wie jeder andere im Frühling oder Sommer.
(Selma Doborac, 2012, 17’), In The Future They Ate from the Finest Pocelain (Larissa Sansour, Søren Lind, 2015, 29’), Lumapit Sa Akin, Paraiso (Come to Me, Paradise) (Stephanie Comilang, 2016, 26’), The Search Drive (Warren Neidich, 2015, 17’), When Things Occur
(Oraib Toukan, 2016, 28’)

07. bis 09. April jeweils ab 18 Uhr – Schaubühne Lindenfels (Ballsaal)

Ausstellungsführungen am 07. und 09. April um 18:30 Uhr


TRUE POLITICS

Diskussionsrunde

Die Diskussionrunde schließt an die Thematik der Ausstellung an. Es werden aktuelle Tendenzen und Ästhetiken innerhalb dokumentarischer Film- und Videokunst diskutiert. Ausgangspunkt ist dabei die These, dass dokumentarische Arbeiten nicht vorrangig auf die Authentizität ihrer Darstellung von Wirklichkeit befragt werden müssen. Viel wichtiger scheint ihre interne Politik zu sein. Welche Rhetoriken von Wahrheit, Aufrichtigkeit, Objektivität oder Echtheit werden dort artikuliert? Nicht wie akkurat und korrekt, sondern in welcher politischen Weise beziehen sich Arbeiten auf Wirklichkeit oder Wahrheit? Wie ist ihre Verflechtung mit herrschenden Machtverhältnissen und ihre Produktion von Subjektivitäten zu verstehen? Welche Technologien von Wahrheit werden in diesem Zuge entwickelt?

Über den Fetisch des authentischen Dokuments stellt Videokunst zudem vermehrt ethische Relevanz in Aussicht. Ist sie überhaupt in der Lage, dieses Versprechen einzulösen und falls ja: in welchem Maße?

Unter Moderation von Dennis Vetter sollen zusätzlich übergeordnete Fragestellungen diskutiert werden: welche mögliche Abgrenzungen zur ständigen Forderung nach tagesaktuellen Nachrichten- und Bildwerten können Filmemacher*innen treffen? Ist das ursprüngliche demokratische Projekt des Dokumentarischen, Öffentlichkeit und Authentizität herzustellen, überhaupt noch uneingeschränkt durchführbar? Oder bietet die Produktion von Korrektur- und Gegeninformationen nicht einen viel attraktiveren Ansatz – verbunden mit der Vorstellung, die adressierte Öffentlichkeit zu (re-)organisieren?

Es diskutieren:

Selma Doborac lebt in Wien und arbeitet in den Bereichen Essay-, Dokumentar- und Experimentalfilm, Fotografie und Konzeptkunst. Studium in Wien und Berlin, u.a. an der Akademie der Bildenden Künste Wien, Klasse für Kunst und Film (Harun Farocki).

Mario Pfeifers Arbeiten entstehen in verschiedenen Regionen der Welt. In unterschiedlichen Erzählformen ermessen und recherchieren seine Filme und Videoarbeiten spezifische kulturelle Situationen – vom Verschwinden indigener Lebensräume in Chile bis hin zu den subjektiven Wahrnehmungen über die soziopolitische Realität in Sachsen.

Lars Koch ist Professor für Medienwissenschaft und neuere deutsche Literaturwissenschaft an der TU Dresden. Seine Arbeitsschwerpunkte umfassen Medialisierungen von Gefahr und Risiko sowie das Verhältnis von Faktizität und Fiktion.

Angelika Bartl ist Film- und Kulturwissenschaftlerin. Sie arbeitet zu dokumentarischer Medienkunst unter Berücksichtigung postkolonialer Theorien und Gender Studies.

Moderation:

Dennis Vetter ist Filmkritiker, unabhängiger Filmwissenschaftler, Kurator und Festivalorganisator. Er ist Mitbegründer der Woche der Kritik in Berlin. Sein Arbeitsschwerpunkt liegt auf Dokumentarfilm, asiatischem Kino, Queer cinema und Experimentalfilm.

08. April um 19.30 Uhr – Schaubühne Lindenfels (Ballsaal)

Diskussion in deutscher Sprache

WHEN THINGS OCCUR (PS 2016, Oraib Toukan)

When Things Occur

PS 2016, R: Oraib Toukan, feat. Lara Abu Ramadan, Hosam Salem, Khalil Hamra, Walaa Al Ghussein, Ashraf Al Masri, 28’, OmeU

WHEN THINGS OCCUR basiert auf Skype-Gesprächen mit in Gaza lebenden Fotograf*innen, ihren lokalen Helfer*innen und Fahrer*innen. Die Gesprächpartner*innen zeichnen sich für Bilder verantwortlich, die sich im Sommer 2014 von Screen zu Screen verbreiteten und damit in das kollektive Bildarchiv Einzug fanden. Als Fotoreportage und ohne Bewegtbilder schaut der Film hinter die bildliche Materialisierung von Trauer und Schmerz – betrachtet deren digitale Verkörperung auf den Festplatten der Fotograf*innen und ihre mediale Zirkulation. Er untersucht, wie der Blick im digitalen Raum geleitet wird und wie Empathie überspringt. Neben den Forderungen der Nachrichtenagenturen nach aufsehenerregenden Bildwerten wirft der Film weitere ethische Fragen auf, etwa nach der Funktionsweise des dokumentarischen Signifikants beim Betrachten von Leid. Was genau bedeutet es, Leid „aus der Distanz“ zu betrachten – wie viele Meter oder Kilometer Abstand sind dazu nötig? Wie sieht das Verhalten und die politische Ökonomie von Bildern des Kriegs aus? Wer ist „der Einheimische“ in der Repräsentation des Kriegs? Und worin besteht die tägliche Routine derer, die den Krieg zeigen?

In the future they ate from the finest porcelain (PS/DK/GB 2016, Larissa Sansour / Søren Lind)

IN THE FUTURE THEY ATE FROM THE FINEST PORCELAIN

PS/DK/GB 2016, R: Larissa Sansour/Søren Lind, feat. Pooneh Hajimohammadi, Anna Aldridge, Leyla Ertosun, Larissa Sansour, 29’, OmeU

Der Film erzählt – wie vom zeitlichen Twist im Titel angedeutet – die Geschichte einer Intervention in die zukünftige Wahrnehmung der politischen Geschichte eines Territoriums. Eine selbsternannte „narrative Widerstandsgruppe“ vergräbt feinstes Porzellan, welches von einer komplett erfundenen Zivilisation stammt. Ziel der Gruppe ist die Beeinflussung von Geschichte und das zukünftige Geltendmachen von Ansprüchen auf ihre verschwindenden Gebiete. Ist das Geschirr erst wieder ausgegraben, wird es die Existenz des fiktiven Volkes beweisen. Durch die Kreation eines eigenständigen Mythos wird die Arbeit der Gruppe zu einer historischen Intervention, die de facto eine Nation erschafft. In Form eines fiktionalen Video-Essays werden Bewegtbilder mit computergenerierten Bildern kombiniert, archäologische und politische Aspekte mit Science-Fiction verwoben. Das als Voice-Over inszenierte Gespräch zwischen einer Psychologin und der Gruppenanführerin über Mythos und Fiktion als konstitutive Elemente von Fakten, Geschichte und des Dokumentarischen offenbart die Philosophie hinter den Aktionen der Gruppe.