Parafiktion | Salomé Lamas
Salomé Lamas ist eine der derzeit interessantesten jungen Filmemacherinnen. Sie arbeitet sowohl im Kino als auch im Kontext bildender Kunst, mal mit minimalen Settings und reduzierten filmischen Operationen, dann wieder im essayistischen Modus, zwischen Dokumentation und Fiktion wechselnd, mit mehrfach neben- und übereinander gelegten Bedeutungsschichten. Um sich auf diese absichtlichen und zufälligen Durchdringungen von Fakt und Fiktion beziehen zu können, hat Lamas den Begriff „Parafiktion“ eingeführt, der sich in ihrer Praxis als spielerischer Umgang mit der Vorstellung von Geschichte und individueller Erinnerung darstellt, als Offenlegung der Konstruktionsmechanismen vermeintlich objektiver Erzählungen und als Infragestellen menschlicher Urteilskraft. Damit begeben sich die Filme ins Zentrum des Diskurses um Wahrheit und zuverlässiges Erzählen, der bei ihr interessanterweise theoretisch in ihren Publikationen parallel geführt wird.
Inhaltlich geht es in den Filmen immer auch um die Darstellung des scheinbar Unzeigbaren, des Unterdrückten, von Traumata und Gewalt. In größter Ruhe etwa berichtet der Protagonist von TERRA DE NINGUÉM (2012) von ungeheuerlichen Grausamkeiten, die er begangen hat, von Rassismus und Gewalt. Ein Unterfangen auf unsicherem Gelände: Erinnerungen und deren Aufhübschungen, Bericht und Selbstinszenierung überlappen einander. Vom selbsternannten, aber von anderen Staaten nicht anerkannten Mikrostaat Transnistrien und dortigen, fluiden Identitäten berichtet EXTINCTION (2018), während ELDORADO XXI (2016) die Landschaften des globalen Kapitals, Abraumhalden in den peruanischen Anden zeigt, auf denen Gold unter lebensfeindlichen Bedingungen gewonnen wird. Die Arbeiter*innen äußern sich selbst.
Geboren 1987 in Lissabon, studierte Lamas Regie und Schnitt an der Escola Superior de Teatro e Cinema (ESTC) in Lissabon sowie an der Prager Filmhochschule FAMU. Darüber hinaus absolvierte sie ein Kunststudium am Sandberg Instituut in Amsterdam und promoviert derzeit in Filmwissenschaften an der Universität Coimbra. Ihre Arbeiten werden von „O Som e a Fúria“ produziert, einem Produktions- und Distributionsnetzwerk, das wesentlich zur Sichtbarkeit des portugiesischen Auteur-Cinemas beiträgt.
Di 16.4 UT Connewitz | |
19 Uhr | Kurzfilmrolle Ubi Sunt PT 2017, Dok, 30′ OmeU, DCP A Torre PT 2017, Dok, 30′ OmeU, DCP Theatrum Orbis Terrarum PT 2017, Dok, 30′ OmeU, DCP Coup de Grâce PT 2017, Dok, 30′ OmeU, DCP |
21 Uhr | Terra de Ninguém (No Man’s Land) PT 2012, R: Salomé Lamas, 72’, Dok, OmeU, DCP |
So 21.4 Schaubühne | |
20 Uhr | Extinction POR/ D 2018, R: Salomé Lamas, 80’, Dok, OmeU, DCP |
22 Uhr | Eldorado XXI PT/F 2016, R: Salomé Lamas, 125’, Dok, OmeU, DCP |